Sebastian Fasthuber schrieb am 14.02.2008 in now-on bei Stories über Zweitfrau
Zweitfrau – Der moderne Weg
Das österreichische Pop-Trio Zweitfrau ist Band, Firma, Freundeskreis und Familie in einem. Jetzt erscheint das Debütalbum Rückendeckung.Alles echt. Diana Lueger und ihre beiden Zweitfrau-Kollegen Lex Machat (Bass) und Martin Pauser (Gitarre) blicken als „Neue Österreicher“ in der aktuellen Werbekampagne von Ö3 von den Plakatwänden, ihre Songs laufen im Hitradio und man sieht die Drei im Fernsehen und in Lifestyle-Magazinen. Sich derart zu exponieren, macht einen in der Musikszene für manche verdächtig. „Wir haben schon oft gehört, wir seien gecastet“, sagt die Sängerin. „Dabei gibt es kaum andere Bands, die vom Songschreiben übers Produzieren bis zum Auftreten so viel selber machen wie wir.“ Freilich: Beschweren will sich die 27-jährige Wienerin nicht. Erstens, weil sie vom Jammern an sich wenig hält. Mit ihrem Ehrgeiz, den Traum von der Musikkarriere zu leben, weicht sie von der typisch österreichischen „Das wird eh nix“-Mentalität ab. Zweitens ging es für ihre Band zuletzt spürbar bergauf. Die beiden Singles „Alles dreht sich“ und „Intensiv“ konnten sich im letzten Jahr über einen längeren Zeitraum in den heimischen Single-Charts behaupten. Auf der Habenseite stehen weiters viel Radio-Airplay und gut 60 Konzerte im ganzen Land, darunter Auftritte im Vorprogramm von Pink und bei der Eröffnung der Wiener Festwochen. „Wir haben 2007 ein super Jahr gehabt“, so Lueger. Und doch: „Man wird manchmal rein geworfen in einen Topf mit Starmania-Sängern. Wir repräsentieren aber das Gegenteil von der heutigen Casting-Welt und sind stolz darauf, alles selber auf die Beine zu stellen.“
Los Angeles und zurück. Seit vier Jahren widmet das Trio seine ganze Energie dem Projekt Zweitfrau. Die Wurzeln der Band gehen noch viel weiter zurück. „Wir sind in dieselbe Schule gegangen“, erzählt Lex Machat. „Diana war eine Klasse über uns. Wir haben damals schon zusammen in der Schulband gespielt. Diana war anfangs noch am Schlagzeug.“ Die ersten Bandversuche wurden jedoch gestoppt, als Lueger nach dem Schulabschluss ins Ausland ging, um dort ins Musikgeschäft hineinzuschnuppern. Und weil sie keine ist, die halbe Sachen macht, verschlug es sie gleich in die Musik-Metropole Los Angeles. „Am meisten habe ich dort über mich selber gelernt“, rekapituliert sie. „Aber auch musikalisch und beruflich hat es mich weiter gebracht. Einerseits war es sehr beeindruckend, bekannte Leute aus der Branche kennen zu lernen, andererseits merkt man, dass die auch nur mit Wasser kochen.“ Ausgerechnet in Los Angeles hat Lueger begonnen, deutsche Texte zu schreiben. „Ich glaube, das ist ganz normal“, sagt sie. „Wenn man aus seinem Heimatland weggeht, besinnt man sich umso mehr auf seine Wurzeln.“ Als ihr Visum nach zwölf Monaten abgelaufen war, hieß es leider Abschied nehmen. Unter den Bekanntschaften, die sie gemacht hatte, war auch ein gewisser James Blunt, der damals noch ein Niemand war und wie die Österreicherin von einer Pop-Karriere träumte. Die Rückkehr nach Schnitzelland verlief dennoch weitgehend schmerzlos. „Ich habe mich ein bisschen vor Wien gefürchtet“, sagt Lueger, „aber vom Gefühl her war es dann sehr positiv. In dem Jahr, wo ich weg war, hat sich hier viel getan. Die Live-Szene hat sich sehr entwickelt und die Musik war interessanter.“ Nachsatz: „Und es ist auch schön, wieder ein gutes Gesundheitssystem zu haben.“Zweiter Anlauf. Die alten Bandkollegen haben die Globetrotterin aufgefangen. „Zu Weihnachten 2003 bin ich zurückgekommen“, so Lueger, „Anfang 2004 haben wir schon unter dem Namen Zweitfrau zu arbeiten begonnen.“ Die Weichen dafür waren schon gestellt. Gitarrist Martin Pauser vertiefte sich während Luegers Abwesenheit in die Produktionsarbeit und gründete ein Studio. Das kommt der Band heute insofern zugute, als sie ins Studio gehen kann, wann und so lange sie will, ohne dass es zu viel Geld verschlingt. Erste kleine Erfolge stellten sich dann recht schnell ein. „Wir haben früh eine Achse nach Berlin aufgebaut“, sagt Machat. „Fürs erste Konzert in einer Punkhütte haben wir uns von einem Elektrogeschäft einen Bus ausgeliehen und hinten neben diversen Kabeln unsere Verstärker reingeräumt.“ Unschuldige Anfänge, doch war es Zweitfrau von Beginn an ein Anliegen, ihre musikalischen Versuche auf ein professionelles Level zu hieven. „Nichts gegen Hobbybands, aber so haben wir uns nie gesehen“, meint Lueger. „Wir wollen das als Beruf.“ 2005 erschien eine erste EP, es folgten Singles wie „Schnitt“ oder später „Alles dreht sich“ und „Intensiv“. Umso länger hat es gedauert, bis das Trio, das bei Konzerten von Piotr Szwarczewski (Keyboards) und Markus Gradischnig (Schlagzeug) unterstützt wird, nun sein erstes Album mit dem Titel Rückendeckung veröffentlicht. „Das hat wirklich lang gebraucht“, seufzt die Sängerin. „Wir hatten bereits vor zwei Jahren ein Album ziemlich fertig. Es haben aber die richtigen Partner dafür gefehlt. Und dann hat sich die Band verändert, Elektronik ist als neues Stilelement dazugekommen, und wir fanden das Album nicht mehr repräsentativ. Also haben wir es noch einmal aufgenommen.“
Nichts geschenkt. Obwohl sie sich als ungeduldigen Menschen beschreibt, ist Lueger froh, so viel Zeit in Rückendeckung gesteckt zu haben. „Ohne die vielen Arbeitsschritte wäre das Album in der Form nicht zustande gekommen“, glaubt sie. Der Sound ist trotz mancher elektronischer Elemente so, wie man Zweitfrau inzwischen kennt. Sie spielen guten, packenden deutschsprachigen Pop von rockig bis balladenhaft, der sich irgendwo zwischen den Kollegen von Silbermond, Juli und Mia. einordnet. Die Texte schwanken zwischen frech-rotzig und weich-gefühlig. „Wir wollen unsere Spielwiese bewusst so groß wie möglich halten“, sagt Pauser. „Nach Konzerten kommen oft Leute zu uns und sagen, sie kannten vorher nur unsere Singles, und dass ihnen die anderen Stücke noch einmal eine ganz andere Seite von Zweitfrau gezeigt haben.“ War 2007 schon ein betriebsames Jahr für die Band, so ist 2008 noch mehr zugepflastert mit Terminen. Zuerst steht die Albumveröffentlichung in der Heimat an, die von einer ausgiebigen Tour begleitet wird. Im März übersiedelt die Band dann für einige Zeit nach Berlin, von wo aus sie auch Deutschland erobern möchte. Und mit Strange Cat Records hat sie kürzlich sogar ein eigenes Label für ihre Musik gegründet. „Die Musikkonzerne gehen zugrunde“, stellt Pauser fest. „Momentan fliegen einem in diesem Musikuniversum die Teile nur so um die Ohren. Man muss sich neu orientieren und offen sein.“ Diana Lueger springt bei: „Es gab schon Angebote von Plattenfirmen, aber mittlerweile können wir unsere Interessen selber am besten vertreten. Es ist ein sehr moderner Weg.“ Dass dieser Weg für Musiker auch mit mehr Arbeit und Risiko verbunden ist, kann Zweitfrau nicht abschrecken: „Wenn wir etwas machen, dann machen wir es gescheit. Wir schenken uns nichts.“
DIE NOW! ANALYSE
Zweitfrau setzt sich zusammen aus…
Freundschaft 19%
Energie 17%
Deutschsprachiger Pop 16%
Neue Österreicher 12%
Ehrgeiz 11%
Live-Konzerte 8%
Emotionen 7%
Styling 5%
Popstar-Träume 3%
Synthesizer 2%Von: Sebastian Fasthuber (14.02.2008)